Autoritär geführte Staaten wachen penibel über die »richtige «Darstellung ihrer Geschichte und verfolgen gewaltsam Menschen und Gruppen, die mit gutem Grund anders lautende Narrative vertreten. Solche Entwicklungen sind insbesondere für das gegenwärtige Russland zu beschreiben, wo der Wissenschaftsbetrieb in den Geisteswissenschaften gleichgeschaltet, Schulbücher umgeschrieben und insbesondere eine kritische Aufarbeitung der stalinistischen Vergangenheit unmöglicht gemacht wird. Dementsprechend wurde die hoch anerkannte und 2022 mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Internationale Menschenrechtsorganisation Memorial »aufgelöst«, ihre Mitglieder werden kriminalisiert.
Welche Gefahren staatlich verordnete Erinnerungskulturen bergen, welches Potenzial und welche Sprengkraft dem historischen Gedächtnis insbesondere im heutigen Russland zukommen – darüber diskutieren Elisabeth Cheauré und Dietmar Neutatz mit Irina Scherbakowa.
Irina Scherbakowa, Germanistin und Kulturwissenschaftlerin, Gründungsmitglied von Memorial, hat ihr Heimatland nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine verlassen und lebt heute in Deutschland, wo sie die neu gegründete Organisation Zukunft Memorial leitet.
Gesprächspartner:
Dietmar Neutatz, Prof. für Neuere und Osteuropäische Geschichte, Universität Freiburg und
Elisabeth Cheauré, em. Prof. für Slavistik, Universität Freiburg
Foto: Kseniya Plotnikova