Nicht erst seit dem Krieg gegen die Ukraine, aber seither mit neuer Dringlichkeit beschäftigen uns die Perspektiven der mittel- und osteuropäischen Länder. Uns bewegt, wie viele Menschen aus diesen Ländern ihre Hoffnungen auf Europa richten. Überwiegen doch im Augenblick bei uns in den westlichen Ländern beim Gedanken an Europa eher Ernüchterung und Skepsis. Die Impulse aus dem östlichen Europa könnten und sollten uns dazu motivieren, in dem Projekt Europa wieder den Garanten für Demokratie, Frieden und Freiheit wahrzunehmen.
Ein paradigmatisches Pressefoto aus dem vergangenen Jahr zeigt Demonstrierende vor dem Parlament in Tiflis, die dort am 7. März 2023 gegen den Strahl der Wasserwerfer die Europafahne hochhalten. Welche Botschaften verbinden sich für uns im Westen Europas mit diesem oder vergleichbaren Bildern, wie es sie auch vom Euromaidan in Kyjiw gibt? Zum einen könnte uns das Bild an die vielen Mahnungen erinnern, Europa nicht ohne die Länder Mitteleuropas zu denken. Zum anderen lenkt es unseren Blick auf die gegenwärtige Verfassung Europas, welches in Gestalt der „Europäischen Union“ nach den zwiespältigen Erfahrungen mit ihrer sogenannten Osterweiterung erst einmal die Voraussetzungen dafür schaffen müsste, weitere Länder aufzunehmen.
© BU Tiflis, 7. April 2023, AFP
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin könnte es sein, Europa wieder stärker kulturell zu denken, und dabei den Stimmen aus Mittel- und Osteuropa ein neues Gewicht zu geben. Vor allem sollten wir in Westeuropa die in den Zeiten des Eisernen Vorhangs eingeübte Gleichgültigkeit überwinden, die uns daran gehindert hat, die Anliegen der mittel- und osteuropäischen Länder als europäische Aufgaben wahrzunehmen.
Nach dem Auftakt am 5. Dezember in der Katholischen Akademie weitet sich das Diskursfestival tags darauf im Freiburger Stadttheater mit Blick auf neue Literatur: Die Lyrikanthologie Den Krieg übersetzen. Gedichte aus der Ukraine (edition.fotoTAPETA, 2024) stellen die Dichterinnen Iryna Shuvalova and Ulrike Almut Sandig im Gespräch mit Mitherausgeberin Claudia Dathe vor. Es lesen die in Kyjiw geborene und heute in Berlin lebende Autorin Katja Petrowskaja sowie ihre Kolleginnen Volha Hapeyeva aus Belarus und Katarína Kucbelová aus der Slowakei. Zum Abschluss erklingen Gedichte aus dem Band Chronik des eigenen Atems (Suhrkamp, 2024) des ukrainischen Friedenspreisträgers Serhij Zhadan.
Detailliertes Programm ab ca. 15.11.2024 unter: